Eine sujektive Frömmigkeit kann manchmal den Blick auf das völlig gewisse prophetische Wort der Heiligen Schrift etwas verlieren und seine Glaubenssicherheit in einem Glaubensgefühl suchen, das auch irren kann. Daher mahnt Paulus: „Habe acht auf dich selbst und auf die Lehre; bleibe beständig dabei! Denn wenn du dies tust, wirst du sowohl dich selbst retten (bewahren) als auch die, welche auf dich hören!“ (1 Tim 4, 16).
Geschwister, die sich vorschnell misstrauisch von anderen Glaubensgeschwistern absondern, weil sie nach ihrer Meinung nicht ganz richtig liegen, wollen sich selbst nicht hinterfragen lassen über die Echtheit ihres Lebens aus dem Glauben, ob sie im Geist Jesu und Seiner Liebe sind, zur Hilfe für den Bruder. Sie verstehen sich als Verteidiger der Wahrheit und finden vorschnell Irrlehre bei anderen und lehnen sie ab. Sie werden aber keine Diener für solche in der Wahrheit. Wir dürfen immer mehr an Jesu Wahrheit teilhaben und in ihr wandeln, sofern wir auch Seine Wahrheit lieben und ihr gehorchen und so auch in ihr leben. Jedoch allein Jesus Christus ist die Wahrheit und nicht wir (vgl. Joh. 14, 6).
Ratschläge von allgemeiner Gültigkeit ohne Zugehen auf den Menschen geben nicht immer die Antwort auf Nöte, die ein anderer gerade hat. „Du musst auf den Herrn vertrauen. Ruf Jesus an, er hilft dir. Lies die Bibel.“ Zu oft gebraucht werden solche Ratschläge zu Worthülsen ohne Kraft. Weiß sich der andere auch verstanden, findet er unsere Wertschätzung, Mitmenschlichkeit, Herzlichkeit, Güte, Selbstlosigkeit, Langmut und Zuversicht? Oft werden solche menschlichen Züge nur als fleischlich abgelehnt, obwohl Paulus uns dazu aufruft, das zu leben und zu tun. Wir sollen das Geschaffene, das gut ist, nicht verachten (vgl. 1 Tim 4, 4).
Den Willen des Herrn sollen wir suchen, um dann auch in Seinem Willen zu handeln und zu leben. Auch da kann sich ein ungesundes Verhalten breit machen. Du bekommst eine Einladung und gibst zur Antwort: „Ich muss noch den Herrn befragen, ob ich sie annehmen soll.“ Das klingt vorerst fromm. Wäre da nicht ehrlicher zu sagen: Ich überlege es mir noch einmal und sage dir dann Bescheid? Der Wille des Herrn wird nicht jedes Mal neu nur für dich geoffenbart, wir können ihn schon mit unserem gesunden Denken erkennen, wenn wir in rechter Gesinnung bleiben. „Und passt euch nicht diesem Weltlauf an, sondern lasst euch in eurem Wesen verwandeln durch die Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist.“ (Röm. 12,2). In vielen Bereichen ist der Wille des Herrn in seinem Wort klar niedergeschrieben, da brauchen wir keine besondere Offenbarung des Willens des Herrn darüber hinaus. Ein junger Christ fragte seinen Vater, was er machen soll und der sagte ihm, mähe den Rasen. Nach kurzer Zeit stellte er den Rasenmäher ab und fragte erneut den Vater, was er tun soll. Die Antwort war einfach, mäh den Raden bis du fertig bist. So ist es auch vor Gott, fragen wir nicht dort nach dem Willen Gottes, wo er ohnehin klar ist.
Andere wiederum sagen: „Der Herr hat mir gezeigt, der Herr hat mir gesagt…“ Er könnte höchstens sagen: Ich habe den Eindruck, das hat der Herr mir gesagt. Dabei bleibt offen, dass er sich auch irren hätte können. Aber mit solchen Redewendungen – Der Herr hat mir gesagt - versetzt sich ein Bruder / eine Schwester in eine abgehobene Stellung, die nicht mehr hinterfragt werden dürfe und übt eine verdeckte Herrschaft in der Gemeinde aus. Solche lassen sich nicht mehr hinterfragen, sie werden bei all ihrer sonstigen Demut letztlich ablehnende Alleinwisser. Demut und Überheblichkeit paaren sich gerne. „Lasst nicht zu, dass euch irgendjemand um den Kampfpreis bringt, indem er sich in Demut und Verehrung von Engeln gefällt und sich in Sachen einlässt, die er nicht gesehen hat, wobei er ohne Grund aufgeblasen ist von seiner fleischlichen Gesinnung und nicht festhält an dem Haupt, von dem aus der ganze Leib, durch die Gelenke und Bänder unterstützt und zusammengehalten, heranwächst in dem von Gott gewirkten Wachstum“ (Kol 2, 18-19).
Im Eifer um die Wahrheit sammeln Geschwister auch Jünger um sich in der Gemeinde, um sie vor Irrtümern und Verführung zu bewahren. Wachsam kontrollieren sie, wie sich die Schutzbefohlenen verhalten, was sie tun, was sie sagen, damit sie ja keine Fehler machen. Wenn solche dem nicht so entsprechen, sind jene sehr besorgt um ihr Seelenheil. Sie sind schnell überzeugt, dass sie sich nicht richtig bekehrt haben, wie auch viele andere Geschwister nicht bekehrt seien, die etwas anders sehen. Wo Anhängerschaft gebildet wird, beginnt auch eine Bevormundung, in der sich jemand zwischen Christus, dem Haupt und dem Menschen stellt, welcher aber allein dem Herrn gehört und keinem Menschen. Es werden gleichsam Wölfe in Schaftspelzen, - das können Männer aber auch Frauen sein, - die sich fromm wie ein Lamm ausgeben in der Gemeinde, aber in Wirklichkeit Menschen an sich reißen, vor denen Paulus warnt: „Denn das weiß ich, dass nach meinem Abschied räuberische Wölfe zu euch hineinkommen werden, die die Herde nicht schonen, und aus eurer eigenen Mitte werden Männer aufstehen, die verkehrte Dinge reden, um die Jünger abzuziehen in ihre Ge-folgschaft. Darum wacht…“ (Apg. 20, 29-30).
Seien wir wachsam und lassen wir die Versammlung nicht spalten oder gar zerstören, sondern bauen wir einander auf. Die Ermahnung des Apostel Paulus sei uns eine Orientierung: „Wir bitten euch auch aber, ihr Brüder, dass ihr diejenigen anerkennt, die an euch arbeiten und euch im Herrn vorstehen und euch zurechtweisen, und dass ihr sie umso mehr in Liebe achtet um ihrer Werke willen. Lebt in Frieden miteinander!
Wir ermahnen euch auch aber, Brüder: Verwarnt die Unordentlichen, tröstet die Kleinmütigen, nehmt euch der Schwachen an, seid langmütig gegen jedermann! Seht darauf, dass niemand Böses mit Bösem vergilt, sondern trachtet allezeit nach dem Guten, sowohl untereinander als auch gegenüber jedermann!
Freut euch allezeit! Betet ohne Unterlass! Seid in allem dankbar; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch.“ ( 1 Thess. 5, 12-19)
Johannes Ramel
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